Beinahe in allen Definitionen wird Hörsehbehinderung
entweder als Synonym für Taubblindheit verwendet oder
Hörsehbehinderung wird als Vorstufe von Taubblindheit definiert.
Bedenkt man welch ein Stiefkind der Behinderungen Taubblindheit ist,
dann wird klar, welch ein Stiefkind der Behinderungen
Hörsehbehinderung ist.
Taubblindheit ist bis heute nicht als Behinderung eigener
Art anerkannt. Taubblinde Menschen haben in ihrem
Schwerbehindertenausweis die Merkzeichen Bl für blind und Gl für
gehörlos.
Ein Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis ist sehr
wichtig, da mit diesem Merkzeichen Ansprüche auf Versorgung mit
geeigneten Hilfsmitteln bei den Versorgungsämtern verknüpft sind.
Blinde Menschen können hören und werden mit Hilfsmitteln versorgt,
die auf das Hören ausgerichtet sind. Gehörlose Menschen können
sehen und werden mit Hilfsmitteln versorgt, die auf das Sehen
ausgerichtet sind.
Blind plus gehörlos heißt, es kann wechselseitig kompensiert werden,
taubblinde Menschen können nicht den Ausfall eines Sinnes durch den
anderen Sinn ausgleichen.
Aus diesem Grund brauchen sie ein eigenständiges Merkzeichen, Tbl.
Dies fordert der „Gemeinsame Fachausschuss Taubblind“ GFTB
nunmehr seit sieben Jahren!
Es gibt die Gruppe derer, die zunächst schwerhörig
oder gehörlos geboren werden und im Laufe ihres Lebens sehbehindert
bzw. blind werden.
Hier liegt sehr oft das „usher syndrom“ zugrunde!
Das Ushersyndrom ist eine erblich bedingte Kombination aus schwerer
Innenohrschwerhörigkeit oder Gehörlosigkeit von Geburt an und RP,
Retinopathia Pigmentosa, eine Augenkrankheit, die in Schüben zur
Erblindung führt.
Es ist benannt nach dem englischen Augenarzt Charles H. Usher, der
1914 die rezessive Vererbung des Syndroms beschrieb. Es wird
unterschieden in Usher I, Usher II und Usher III!
Usher I heißt, die Betroffenen werden gehörlos geboren, lernen die
Gebärdensprache, richten ihr gesamtes Leben auf das Sehen aus
und erhalten in der Regel im jungen Erwachsenenleben die Diagnose RP,
also drohende Erblindung.
Hinsichtlich der Kommunikation bedeutet dies, dass die Betroffenen
ihre Mutttersprache, die Gebärdensprache, verlieren. Sie
können weiterhin gebärden, mit der Zeit aber die Gebärden der anderen
immer weniger erkennen.
Sie erlernen das taktile Gebärden und das Handalphabet Lormen sowie
ggf. die Brailleschrift.
Beruflich droht, falls es keine qualifizierte
Rehabilitationsberatung gibt, die Frühverrentung und zusätzlich
aufgrund einer massiv eingeschränkten Mobilität eine
drohende soziale Isolierung!
Usher I-Betroffene benötigen mit der Zeit dringend gut ausgebildete
Taubblindenassistenten an ihrer Seite um ein eigenständiges Leben
führen sowie an Kommunikation teilnehmen zu können.
Usher II bedeutet frühe schwere Innenohrschwerhörigkeit, die
Betroffenen tragen Hörgeräte, richten ihr Leben auf das Sehen
aus, haben einen Spracherwerb, kompensieren das schlechte Hören
innerhalb von Kommunikation durch das Ablesen von den Lippen,
interpretieren der Gestik, Mimik sowie der Körpersprache. Auch sie
erhalten im jungen Erwachsenenleben die Diagnose RP
Usher II-Betroffene werden mit der Zeit ebenfalls das Lormen und ggf.
die Brailleschrift erlernen müssen und sind mit zunehmender
Sehbehinderung ebenfalls auf qualifizierte Taubblindenassistenz
angewiesen.
Usher III kommt in Deutschland bisher nicht vor.
Diese tritt sehr häufig in Kombination auf, wobei oftmals
zunächst lediglich die Sehbehinderung diagnostiziert wird.
Die Betroffenen wissen selten, zu welchem Zeitpunkt die einzelne
Sinnesbeeinträchtigung eintrat. Dies ist darin begründet, dass bis
heute weder eine Diagnose noch eine medizinische Versorgung einer
Hörsehbehinderung existiert, entsprechende Fachärzte gibt es
nicht.
Diese Hörsehbehinderung ist oft eine Behinderung mit einer
mittelschweren Hörbehinderung und einer mittelschweren
Sehbehinderung. Eine Kompensierung ist auf einer mittleren Ebene
möglich, die Betroffenen verfügen über einen guten Spracherwerb,
lesen teilweise die Brailleschrift oder auch Schwarzschrift, sind
großteils mit Hilfe des weißen Langstockes eigenständig mobil.
Beruflich droht mit zunehmender Seh- oder Hörbehinderung meist die
Frühverrentung oder der Einstieg in das Berufsleben bleibt
grundsätzlich verwehrt.
Schädigung innerhalb der Schwangerschaft z.B. Röteln der
Mutter,
Frühgeburt,
Drogenabhängigkeit der Eltern,
Meningitis in der Kindheit.
Es gibt zusätzlich die immer größer werdende Gruppe von Betroffenen,
die im Alter hörsehbehindert werden, Ursachen hierfür sind
lebenslange Diabetes,
Bluthochdruck,
hoher Augeninnendruck, grüner Star,
altersbedingte Makula gekoppelt mit altersbedingter Schwerhörigkeit.
Eine Sehbehinderung führt zu einer beständigen Anspannung, jeder
Zeit könnte etwas wie fallen, stolpern, stoßen passieren. Das
hält den Körper in einer grundsätzlichen anspannung der
Muskeln, die Ohren sind gespitzt.
Was ist nun, wenn auch diese Ohren nicht mehr genügend informationen
aufnehmen und weiter geben können?
Eigentlich ist es dann kaum noch möglich allein aus dem haus zu
gehen.
Gemeinsame Treffen mit anderen Menschen werden zu
stressauslösenden Situationen, da Personen nicht erkannt, Gespräche
nicht verfolgt werden können und allein der Weg zu diesen
Veranstaltungen eine kaum zu überbrückende Hürde darstellt.
Räume sollten gut beleuchtet und schallisoliert sein,
da Nebengeräusche, wie z.B. Geschirrklappern, Musik, Gespräche
im Hintergrund, von Hörgeräten ebenfalls verstärkt werden.
Bei einem gemütlichen Beisammensein oder einer Versammlung ist es sehr
hilfreich, eine Vorstellungsrunde durchzuführen, um einen Überblick
der anwesenden Personen zu gewinnen.
Es reicht nicht, mit hörsehbehinderten Menschen lauter
zu sprechen, die Atmosphäre an sich muss leise sein, installierte oder
portable Induktionsschleifen wären sehr gut.
Assistenz sollte zur Verfügung stehen und zwar als Begleitung zu
dem entsprechenden Ort und als Taubblindenassistenz , die geschult
ist, den Kontakt untereinander herzustellen und zu übersetzen.
Blinde Menschen sind auf höher wertige Hörgeräte angewiesen, es
reicht nicht, dass für sie lediglich Stimmen verstärkt werden,
sie brauchen ein gutes räumliches Hören um sicher am Straßenverkehr
teilnehmen zu können.
Und sie brauchen eine Geräuschunterddrückung von
Nebengeräuschen um am sozialen Leben teilnehmen zu können da sie
nicht durch das ablesen vom Mund oder der Gestik das schlechte hören
kompensieren können, sie können ja oftmals die person, welche spricht,
gar nicht orten.
Andere technische Hörhilfen wie Zusatzmikrofone, Mikroport-
Lichtsignal- oder Vibrationssignalanlagen,
Ringleitungen usw. haben heute einen hohen Standard erreicht, der
eine durchaus spürbare Reduzierung des permanenten Hör- und
Kommunikationsstresses erlaubt.
Orientierung und Mobilität durch die Nutzung eines weißen
Langstockes, Erlernen der Brailleschrift sowie des
Handalphabetes Lormen sind geeignete Hilfsmittel wie auch Jede
Form von taktilen Hilfsmitteln wie taktile Uhren, Uhren mit
Vibrationsalarm, vibrierender Geldscheinmesser, vibrierender
Füllstandsanzeiger, Lichtsignalanlagen mit
Vibrationsalarm usw.
Hörsehbehinderten/Taubblindenarbeit des BSBH
Kontakt:
Heike Herrmann-Hofstetter
Referentin für Hörsehbehinderten- und Taubblindenarbeit des BSBH
Tel. 06421/166734
info@Captain-Handicap.de
www.captain-handicap.de
Wir bieten regelmäßige Lormübungsgruppen, Gesprächskreise,
Seminare und Stammtische in Frankfurt, Marburg und Wetzlar an!